Das European Extra-Judicial Network (EEJ - Net)
Ein neuer Weg zur Schaffung von Verbrauchervertrauen in Europa
Eine Initiative der europäischen Kommission und des Bundesministerium der Justiz

Die zunehmende Mobilität der Europäer, E- Commerce und die Euroeinführung machen eine europaweite Unterstützung der Verbraucher immer notwendiger. Die alternative Streitbeilegung in einem europäischen Netzwerk ohne kostspielige Gerichtsverfahren bietet flexible Antworten, um bei spezifischen grenzüberschreitenden Problemen im Zusammenhang mit Verbraucherstreitigkeiten Abhilfe zu schaffen.



Zu diesem Ergebnis kamen die Verantwortlichen nicht erst im Jahr 2002! Vielmehr verabschiedete die Kommission bereits im Jahre 1998 eine Mitteilung zur "außergerichtlichen Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten" , um die Beilegung von verbraucherrechtlichen Problemfällen in einem frühen Stadium zu fördern und zu erleichtern.

Die Mitteilung schließt eine Empfehlung betreffend die Grundsätze für solche Einrichtungen ein, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten in den einzelnen Mitgliedsstaaten zuständig sind . Dadurch soll sichergestellt werden, dass die entsprechenden Verfahren in allen beteiligten Ländern Mindeststandards entsprechen und den Kriterien zur Unabhängigkeit, Transparenz, Effizienz und Rechtmäßigkeit genügen.

Bisher wurden in die Datei über 400 Schlichter aufgenommen. Berücksichtigt hat man dabei, dass die "außergerichtlichen Praktiken" bei Verbraucherstreitigkeiten in Europa sehr verschieden sind. Zusammengefaßt wurden


  • Initiativen der öffentlichen Hand auf zentralstaatlicher Ebene (z.B. Consumer Complaints Boards in den skandinavischen Ländern) oder auf örtlicher Ebene (z.B. Schiedsgerichte in Spanien),

  • Initiativen von Branchenverbänden (z.B. Ombudsmänner im Bank- und Versicherungswesen) oder Gewerbetreibenden,

  • Einrichtungen, die hauptamtlich Schlichtungs- und Vermittlungsdienste anbieten (z.B. Rechtsanwälte oder private Schlichtungsstellen).
Diese Online-Datenbank der Schlichter im EEJ-Net wurde nun durch nationale Kontakt und Koordinierungsstellen ("Clearingstellen") erweitert. An diese Einrichtungen wenden sich seit dem 01. Januar 2002 Hilfesuchende, die eine Lösung bei ihrem grenzüberschreitenden Problem suchen. Um schnell, kostengünstig und wirksam Antworten zu finden, arbeiten 17 Clearingstellen eng mit der Europäischen Kommission und nationalen Ministerien zusammen.

Neben den EU-Mitgliedsstaaten beteiligen sich Island und Norwegen am EEJ-Net und arbeiten über eigene Anlaufstellen in der Kooperation der Clearingstellen. Auch die Bundesrepublik Deutschland folgte der Entschließung des Rates vom 11. Mai 2000, Nr. 10 (2),

"in jedem Mitgliedsstaat eine zentrale Stelle (Verbindungsstelle) einzurichten oder zu benennen, die Verbrauchern Informationen erteilt, sie berät und ihnen praktische Unterstützung und praktische Hilfestellung leistet, um den Zugang zu den einschlägigen außergerichtlichen Einrichtungen und Systemen auf nationaler Ebene und im Land des Lieferanten sowie auch zu den Kontaktstellen in den anderen Mitgliedstaaten zu erleichtern."

Die deutsche Clearingstelle wurde entsprechend der Mitteilung des Bundesministeriums für Justiz vom 26. Oktober 2001 der Einrichtung Euro-Info-Verbraucher e.V. in Kehl, Baden-Württemberg, angegliedert und nahm am 01. Januar 2002 den Betrieb auf.

Viele Bürger aus den meisten europäischen Ländern haben bereits von dem Angebot Gebrauch gemacht.

Neben der Aufgabe als Informationseinrichtung über Schlichtungseinrichtungen und Verbraucherschutzregelungen auf nationaler und europäischer Ebene ist die Clearingstelle erste Anlaufstelle für diejenigen, die sich mit Reklamationen an außergerichtliche Stellen wenden wollen.

Da es sich bei den Mitarbeitern der europäischen Clearingstellen fast ausschließlich um juristische und mehrsprachige Fachkräfte handelt, verfügen die kontaktierten Einrichtungen über die Möglichkeit zu prüfen, ob sich die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens anbietet oder andere Möglichkeiten der Streitbeilegung zweckmäßiger sind.

Der deutschen Clearingstelle wurde unter Berücksichtigung der vorhandenen Kompetenzen der Trägereinrichtung Euro-Info-Verbraucher e.V. und der europäischen Empfehlungen vom Bundesministerium der Justiz die Möglichkeit gegeben, bei "Bagatellfällen" direkt mit dem Vertragspartner Kontakt aufzunehmen. Zu ähnlicher Vorgehensweise sind eine Reihe ausländischer Clearingstellen befugt, so dass auf diesem Wege seit Jahresbeginn eine Reihe von Konflikten ausländischer Verbraucher mit deutschen Unternehmern, beziehungsweise deutscher Bürger mit im EU-Ausland ansässigen Vertragspartnern gütlich beigelegt werden konnten.

Die gute Zusammenarbeit mit den Europäischen Verbraucherzentren in Gronau und Kiel ("Euroguichet") und die gemeinsame Aufarbeitung von sich wiederholenden Problemfällen kommt dem deutschen Verbraucher hier zu Gute. Auch diese Stellen vermitteln seit Jahren bei grenzüberschreitenden Problemfällen.

Bietet sich ein Schlichtungsverfahren an, leitet die Clearingstelle Deutschland eine Beschwerde in das System des EEJ-Net ein. Dabei kann ein Schlichtungsverfahren entweder unmittelbar bei dem zuständigen außergerichtlichen Streitschlichtungsorgan oder unter Vermittlung der Clearingstelle des Herkunftslandes des Unternehmens eingeleitet werden. Zu diesem Zweck stellt die EU- Kommission den Clearingstellen ein Europäisches Formblatt für Verbraucherbeschwerden zur Verfügung.

Auf Wunsch unterstützen die Clearingstellen die Verbraucher bei der Formulierung und Übersetzung der Beschwerde, stellen die Übermittlung der Beschwerde an die außergerichtlichen Streitschlichtungsorgane und/oder an die Clearingstellen der anderen Mitgliedsstaaten sicher und unterrichten den Verbraucher über den Verlauf seiner Beschwerde sowie über den Ausgang eines Schlichtungsverfahrens.

Die ersten Monate des EEJ-Net zeigen, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedsstaaten entsprechend der Entschließung des Rates vom 11. Mai 2000, Nr. 10 (3) "darauf hinwirken, dass Berufs-,Wirtschafts- und Verbraucherverbände zusammenarbeiten, um einen Beitrag zu den Tätigkeiten der außergerichtlichen Einrichtungen und der Kontaktstellen zu leisten". Der Aufbau einer aktiven Zusammenarbeit zwischen benannten Schlichterstellen und den anderen Partnern des EEJ-NET könnte dabei in Zukunft für den europäischen Bürger eine große Chance darstellen.

Darüber hinaus ist der regelmäßige Austausch auf europäischer Ebene im EEJ - Net von besonderer Bedeutung. Von Vorteil ist, dass bereits fast alle beteiligten Stellen Erfahrungen in der Netzwerkarbeit des europäischen Verbraucherschutzes haben. In Arbeitsgruppen wird die noch engere Zusammenarbeit im EEJ-Net gefördert, und die große Zahl der Kontaktaufnahmen in den ersten Monate des Jahres 2002 zeigen, dass das EEJ-Net ein Vakuum ausfüllt und dem Bürger eine gesuchte Alternative bei Informationsanfragen zum europäischen Verbraucherschutz und grenzüberschreitenden Verbraucherreklamationen bietet.